Bilder von fernen Ländern


Das ferne Land schlechthin, das einerseits erreichbar und andererseits Mythos für uns war, ist das Land, dem so oft die Frage galt, warst du schon mal in Amerika? - eine Frage, deren Fehlspezifikation vieles verrät. Denn wer meinte damit schon Kanada oder gar Peru? Und so ist es nicht verwunderlich, wenn auch heute noch, da der Mythos verblaßt und jene Frage zu oft bejaht wird, viele Bildbände über den Teil Nordamerikas erscheinen, in dem das Star-Spangled Banner weht.

Der opulenteste kommt in einem Schmuckschuber aus dem Hause Umschau. Guido Gerosa zeichnet für den Band verantwortlich, und sein Titel ist Amerika - jenes Banner, das am letzten A Amerikas weht, macht jedoch klar, daß keine Erwartungen enttäuscht werden. Auf dem Cover ist ein Felsen des Monument Valley zu sehen, und Naturfotografie macht einen Großteil des Bandes aus. Daneben sind aber auch Städte, Leute und Veranstaltungen eingefangen und auch der Mond, mit Fahne freilich. Der Band liefert einen prächtigen Querschnitt, ist mit 98 DM nicht ganz billig aber durchaus preiswert.

Von Umschau kommen noch zwei weitere Bände, die des Vorstellens wert. Der erste heißt Das Herz Amerikas, und damit ist diesmal nicht die USA im allgemeinen sonder die Gegend von North Dakota bis in den Süden Oklahomas gemeint. Neben den sehr hübschen Fotos, die eine ähnliche Palette bieten wie der Band von Gerosa, gibt es auch einige informative Texte - über das Leben und Sterben der Indianier, über die Prairie, über Cowboys und Nationalparks. Der zweite Band ist dem Westen der USA gewidmet und heißt entsprechend: USA - Der Westen. Christel und Wolfgang Schiemann haben ihn gemacht, und er steht an der Schwelle zu Reiseführern, ist er doch nach Reiserouten gegliedert und kommt mit überdurchschnittlich viel Text, der die entsprechenden Trips beschreibt. Bei einem günstigen Preis von 68 DM kann der Band gut der Vor- oder Nachbereitung des eigenen Urlaubs dienen.

Noch näher am Reiseführer (und rund 20 DM billiger) ist das bei Frederking & Thaler erschienen Buch Im Westen der USA - Straßen in die Einsamkeit von Dieter Kreutzkamp. Der Band bietet Farb- und SW-Fotografien, Karten, Reisebeschreibungen und auch eine ganze Latte Tips. Mit ihm läßt sich der Urlaub in groben Zügen planen.

Drei reine Bildbände runden den USA-Teil ab. Zwei kommen von Belser, Canyon Country nämlich und San Francisco, und beide haben ein unglaubliches Preis-Leistungsverhältnis. Für 35 DM erhält man jeweils rund 130 großformatige und durchweg farbige Bildseiten mit excellenten Fotos. Es gibt kaum Kommentare (wobei wir hier nicht umhin kommen zu bemerken, einen ziemlich peinlichen Fehler im Band San Francisco entdeckt zu haben, der wahrscheinlich auf das Konto des Übersetzers geht, dem man dafür die Ohren lang ziehen sollte), aber das visuelle Vergnügen ist immens.

Der letzte USA-Bildband, den wir vorstellen wollen, kommt von Weingarten und bringt auf knapp 100 mittelformatigen Seiten eine Auswahl aus den New York-Fotografien Andreas Feiningers. Er heißt New York in the Forties, und wenn man ihn in der richtigen Stunde durchblättert, mag für Momente der Mythos wieder auferstehen.

Bleiben wir bei A und gehen nach Afrika. Drei herausragende Bücher sind zu nennen. Von Deuticke kommt Ingeborg Bachmann in Ägypten, ein Band, der zum Lesen, Schauen und Träumen gleichermaßen verführt. Er enthält Reisetagebücher von Bachmann, die mit Fotos von Kurt Michael Westermann illustriert sind. Verantwortlich zeichnet Adam Opel, und schon das Vorsatzpapier des sandfarnenen Bandes läßt einen entzücken.

Fast ganz dem Sand gewidmet ist Kazuyoshi Nomachis bei Frederking & Thaler erschienener Band Sahara. Er widmet sich nahezu allen Aspekten der Wüste, ist aber letztlich so richtig beglückend für all jene, die von Lawrence of Arabia neben Peter O'Toole vor allem den Sand in Erinnerung haben. Der Verlag hat ein sehr schönes Breitformat für das Buch gewählt, so daß insbesondere die Doppelseiten cinemascopartig zu beeindrucken in der Lage sind.

Dem Wasser (oder vielmehr den Leuten am Wasser) gilt Michael Martins Band Nil. Martin ist einer von denen, der sich seine Reisen durch durch noch mehr Reisen, Vortragsreisen nämlich, verdient und so Hobby zum Beruf gemacht hat. Wir haben ein klein wenig Originalität vermißt, aber das mag durchaus an unseren Eigenheiten liegen. Insofern wollen wir den bei Rosenheimer erschienen Band nicht übergehen und durchaus zur Ansicht empfehlen.

Nach so großer Ferne nun noch zwei Italienbände, genauer: Toskanabände. Toskana, bei Stürtz in der neuen Reihe LOOK erschienen, hat all die Vorzüge, die die anderen Bände der Reihe aufweisen und die wir neulich versucht haben, in Punkte zu übersetzen. Gute Fotografien bei ausgewogener Thematik, schönes Layout und günstiger Preis. Was will man mehr?

Nun, vielleicht Schlösser und Paläste? Sollte dem so sein, können wir den ultimativen Tip erteilen: Die Paläste von Florenz, von Francesco Gurrieri und Patrizia Fabbri, mit Fotos von Stefano Giraldi und erschienen bei Klinkhardt & Biermann. Der Band hat einen Hauch des Wahnsinnigen - er verbindet enzyklopädischen Anspruch mit Detailversessenheit und kompromißloser Ästhetik: Er will seinem Gegenstand in nichts nachstehen. Und tut dies auch nicht. Gutes Layout, erstklassiges Papier und ein robustes blaues Leinen dienen der Abrundung eines Buchs, dessen Verleger mit einem überaus günstigen Preis von 168 DM großen Mut beweisen, der hoffentlich vom Markt belohnt werden wird.

Steffen Huck.