[ januar 1999 ]
Wir lassen das Neue Jahr mit einem Lob auf Carl Hiaasens neusten Roman angehen und versprechen, Ihnen bald mehr Lesenswertes für 1999 mit auf den Weg zu geben.

Carl Hiaasen: Lucky you

JoLayne Lucks hat im Lotto gewonnen. Ihre Zahlenkombi ist seit Jahren dieselbe; jede Zahl verbindet sie mit dem Alter, zu dem sie einen Lover abgeschossen hat. Ihr plötzliches Lottoglück wird auf eine harte Probe gestellt, trachten der hübschen Lady doch zwei faschistoide Brutalos nach dem Lotterie-Ticket. Stellen wir also zunächst die Bösewichte vor: Bode Gazer und Chub sind enge Kumpels, beide eher schlichten Geistes, wenn auch Bode eine gewisse Bauernschläue hat, die ihn und Chub mit nationalradikalen Verschwörungstheorien versorgt und Bode eine intellektuelle (sic!) Überlegenheit über Chub verleiht. Beide leben von und in der Illegalität (und überdies in Florida); Chub, indem er gefälschte Behindertenausweise verhökert, ein blühender Handel; Bode durch kleine Gaunereien. Der Zufall will es nun, daß Bode und Chub bei der gleichen Ziehung wie JoLayne sechs Treffer landen – und es grämt sie, daß sie sich mit 14 Millionen Dollar statt der Gesamtsumme von 28 Millionen Dollar begnügen müssen. Das tun sie dann auch nicht, denn schließlich brauchen sie viel Geld, um ihre krude Ku-Klux-Klan-Miliz aufzubauen, die vor der Übermacht der NATO, Latinos, Schwarzen, Entrechteten etc etc schützen soll. Kurzum: Bode und Chub fühlen sich als einsame weißen Streiter für Gerechtigkeit und ein ordentliches Amerika, und daß der andere Lottogewinn ausgerechnet an eine farbige ledige Frau gehen soll, nehmen sie nicht hin und nehmen ihr statt dessen den Gewinnschein ab. Sie haben aber nicht mit JoLayne und ihrem männlichen weißen Begleiter, dem Reporter Tom Krome, gerechnet, die alles daran setzen, das Ticket ohne Polizei- oder Medienaufgebot zurückzuerobern.

Lucky You ist eine beißende Satire über Amerika, über Irr- und Wirrglauben im tiefsten Florida und über die Absurditäten und Irrwitzigkeiten, die die Fülle amerikanischer Lebensentwürfe bereithält. Die Story ist überzogen, überdreht, übergeschnappt, und da nimmt es Wunder, daß die Hauptfigur bis zum Ende einen klaren Kopf bewahrt. Lucky you ist nach Stormy Weather das grellste und abgedrehteste Buch mit einer Kriminalhandlung, das Carl Hiaasen bislang vorgelegt hat. Sein Witz ist gestochen scharf, seine Bilder ätzen sich in die innere Netzhaut ein, seine Sprache ist geschliffen – und Lucky you ist zudem eines der lustigsten Bücher, die ich in letzter Zeit verschlungen habe. Unbedingt lesen! (cm)

PAN Books, UK £ 5.99


Dezember 1998

John McCabe: Stickleback
Ben Elton: Popcorn
Enrico Remmert: Looove never dies

November 1998

Benjamin v. Stuckrad-Barre: Soloalbum
Quim Monzó: Das ganze Ausmaß der Tragödie
Tom Zürcher: Högo Sopatis ermittelt

Oktober 1998

Jonathan Coe: Das Haus des Schlafes
Sherman Alexie: Indian Killer
Joseph T. Klempner: Spadafinos Verhängnis
James Hawes: Ein weißer Mercedes mit Heckflossen

September 1998

Larry Baker: Feuerzauber
Fred Beinersdorfer: Das Biest
Petra Würth: Unter Strom
Carl Djerassi: NO
Herbert Rosendorfer: Ungeplante Abgänge

August 1998

John Burdett: Eine private Affaire
David Huggins: Der grosse Kuss
Nicholas Blincoe: Acid Killers
Martin Amis: Interview, 1999 und eine Website
 

Juli 1998

James Lee Burke: Cimarron Rose
Morton Harry Olsen: Die Osiris-Morde
Iain Banks: A Song of Stone
Elmore Leonard: Zuckerschnute
Donna Masini: Alles über Yvonne
James Crumley: Jeder gräbt sein eigenes Grab
Anonymous: Mit aller Macht
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