Die Wüste Internet

Der Surfer Clifford Stoll kritisiert das Datennetz

Stolls unlängst bei S.Fischer erschienenes Buch "Die Wüste Internet - Geisterfahrten auf der Datenautobahn" hat schon für Furore gesorgt. Und das nicht etwa, weil Stoll eine deftige Abrechnung mit Computern, Internet und Datenautobahn vorgelegt hätte oder zur großen Lobeshymne anhebt. Nein, er setzt sich äußerst differenziert mit den jüngsten Entwicklungen im Bereich der Netzwerke auseinander. Stoll ist selbst seit Jahren Teil der elektronischen Gemeinde, und seine Innenansichten und Einsichten sind lesenswert.

Das Buch stellt denn auch zweierlei fest: Zum einen ist die schöne neue Welt des Internet gar nicht so wunderbar, wie sie uns versprochen wurde. Zum anderen ist sie auch nicht so schrecklich und verwerflich. Die Computerwelt verschlingt sehr viel Zeit: "Um in der elektronischen Gemeinde auch nur auf dem laufenden zu bleiben, braucht es schon mehrere Stunden pro Nacht" stellt der Autor treffend fest, und bei aller Kommunikationsfülle seien - das mag jeder Surfer bestätigen - nur wenige Informationen wirklich brauchbar. Und die Computerwelt ist mehr als bloß Verbindungen von Kabeln und Computern, die Netze sind kooperierende Gemeinwesen. Für Stoll, der noch immer am Netz "hängt", ist das Internet ein verlockendes und fesselndes Milieu geworden, wiewohl er auch vor Tücken und Gefahren warnt: "Nicht die Computer als solche bereiten mir Kopfzerbrechen, es ist die Kultur, die sie umgibt", weil nämlich: "Das Medium, in dem wir kommunizieren, ändert die Art und Weise, wie wir unsere Gedanken formen. Wir programmieren Computer, aber diese programmieren auch uns."

Wie auch immer, das Buch schildert gut die Anfänge vom Computer bis heute zum Cyberspace; es ist nicht essayistisch oder gar wissenschaftlich gehalten. Eher handelt es sich um eine Art Meditation oder freie Assoziation zum Thema Internet. Erfrischend ist vor allem die ehrlich wirkende Mischung aus Hoffnung und Skepsis, die der Autor mit dem Internet verbindet. Er ist einer vom Fach, und er ist weder hoffnungslos optimistisch noch gehört er der Gemeinde der Gläubigen an, wiewohl er sich darin sehr wohlfühlt. Einfache Antworten gibt es für Stoll nicht. Das Internet kann nicht abgeschafft werden. Wohl aber kann vor exzessivem Gebrauch gewarnt werden, und das tut Stoll auf recht überzeugende Weise.