Jeanloup Sieff: 40 Jahre Fotografie.
Ein schwelgerisches Buch hat der Kunst-Discount-Verlag Taschen herausgebracht:
Jeanloup Sieff, Jahrgang 1933, blickt zurück auf 40 Fotografenjahre. Erfreulich uneitel leitet er die
vier Kapitel des regalbelastenden Wälzers ein mit Erinnerungen,
Tagebuchabschnitten und Reflexionen. Aus jeder Zeile spricht die pure
Freude am Bildermachen, so wie (fast) jedes Bild von
dieser Leidenschaft erzählt. Hier hat einer seine Arbeit mit Lust
getan, einer Lust, die er im Pressebetrieb oft genug besser
verschwiegen hat, denn es drückt die Preise und auch die Anerkennung,
wenn nicht der Schweiß der Anstrengung die Produkte adelt. Seine
Bilder sind von diesem Schweißbelag nicht getrübt und zeigen
in konsequentem Schwarzweiß, was der Fotograf
liebt: die weite Landschaft, die Frauen dieser Welt (insbesondere ihre
„Hintern“), die Landschaften des Gesichts. 1986 notiert
er: „Ich fotografiere für mich. Wenn die Aufnahmen anderen gefallen,
macht nichts!“ Seine kurze Zeit bei Magnum ließ ihn auch
politische Reportagen machen, aber hier liegt nicht seine Stärke.
Die vier Jahrzehnte werden in eigenen Kapiteln aufgeblättert.
Es ist faszinierend zu sehen, wie überraschend leise die Stimme
der Bildermoden auf Sieff eingeredet hat, wie seine Handschrift
sich durchgesetzt hat gegen das Erwartete. Jeder Bilderblock ist nur
bei sehr genauem Hinsehen als „typisch“ für seine Dekade
zu entziffern, immer aber ist er typisch für Sieff, der hier zum
Teil unveröffentlichtes Material zeigt. Dabei untertitelt er jedes
Bild mit einer Erinnerung: „Unfreiwillig aufreizende Frau. Paris 1978.
– Sie wußte nicht, daß der Flaum auf ihrem Rücken schimmerte
und ihr Höschen den Poansatz freigab – ich schon!“ So ist es, als
lausche man dem alternden Fotografen, während er seine Alben aufblättert,
sein Leben bedenkt. Eine einzige Hommage an die Landschaft, die Form, das
Licht – und eine Augenlust sondergleichen. Die Bilder sind hervorragend
gedruckt und reizen zum Rausreißen und Rahmen, die knappen Texte
voller Humor und Liebe zum Sujet. Das Buch hat in den Staaten 130 Dollar
gekostet, bei uns ist es für 49,50 DM zu haben. Ein prächtiges
Geschenk – für männliche Augen-Lüstlinge?
Benedikt Taschen Verlag, 49,50 DM
Michael Möller.