Professor Bürger bietet in seinem Buch einen bunten Strauß von Beispielen aus der Physik des Alltags. In ineressanter Weise greift er Dinge und Themen auf, die man zwar aus dem Alltag kennt, über die man sich aber in der Regel keine Gedanken macht. Die meisten Beiträge entstammen seiner Kolumne im Bild der Wissenschaft. Er fühlt sich dabei ganz in der der Tradition von Martin Gardner, der das Scientific American mit seinen mathematischen Spielereien bereichert hat. Bürger ist im Vergleich zu Gardner etwas weniger abstrakt mit mehr Bezug zur Realität, was aber auch in der Natur der Thematik liegt.
Es macht Spaß zu sehen, daß man auch ohne teure Apparaturen einigen physikalischen Phänomenen auf den Grund gehen kann. Eine wichtige Voraussetzung für die Lektüre des Buches ist jedoch ein mathematisches Grundverständnis und Übung mit formalen Modellen. Die Beispiele beginnen zwar meist mit einer einführenden Anekdote, Bürger kommt aber schnell (manchmal zu schnell) auf das physikalische Modell zu sprechen. Anhand dieser Modelle werden die Ergebnisse abgeleitet und diskutiert. Dazu benötigt man z.B. auch Wissen über Trigonometrie, Differentialgleichungen usw., welches man nur teilweise in der Schule lernt. Daher müssen Hoffnungen von Eltern, mit diesem Buch einem uninteressierten Kind die Liebe zur Physik nahezubringen, wohl bald begraben werden.
Wieviel Energie spart der Verkehrsbetrieb, wenn man hinten in die Straßenbahn einsteigt? Für alle, die das brennender interessiert als die banale Frage, wann denn die nächste Straßenbahn fährt, ist das Buch ein Muß. Bitterer Beigeschmack für die Liebhaber ist allerdings der Preis von knapp 50 Mark. Denn man überlegt es sich schon zweimal, ob man das Buch mal eben so einer Freundin oder einem Freund schenken möchte.
Doch zurück zu unserem Eierfreund. Natürlich hatte er schon lange, bevor er das Buch in Händen hielt, eigene Theorien zu seinen Fragen entwickelt. Er war sehr entäuscht, als seine Theorien mit dem lapidaren "...wie einfach, wie falsch..." abgetan wurden. Mehrmalige Lektüre der entsprechenden Passage sorgte jedoch für ein besseres Verständnis des Problems und für eine zufriedenstellende Lösung. Nun kann er seine ausgedehnten Frühstücke ohne quälendes Nichtwissen ausgiebig genießen. Auch der Eierkocher hat von diesem Buch profitiert. Sonst wäre er sicherlich der Neugier zum Opfer gefallen und irgendwann einmal zwecks besserem Verständnis in seine Einzelteile zerlegt worden.
Martin Strobel.
Der paradoxe Eierkocher ist erschienen bei Birkhäuser
für rund 50 DM.