Peter Burke: Die Geschicke des "Hofmann"

Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten


Im ausgehenden Mittelalter hatten mit der zunehmenden Entfaltung höfischen Lebens und der Notwendigkeit von Affektkontrolle und Verhaltensregulierung zu Hofe Etikettebücher Konjunktur. Kriegerische Eigenschaften waren im Dunstkreis des Königs nicht gefragt und wurden ersetzt durch die perfekte Beherrschung von Interaktionsregeln und psychologischer Raffinesse. Eines der bekanntesten und einflußreichsten Werke über ziemliches Verhalten für den 'Mann zu Hofe' war Castigliones 1528 erschienener Cortegiano, oder vollständig: Il libro des cortegiano von Baldassare Castiglione. Das Brevier entfaltete seine Wirkung weit über Italien hinaus, wurde zigmal neuaufgelegt und für andere Länder 'adaptiert'. Es kann mit gutem Recht als einer der Grundtexte der heraufziehenden Moderne bezeichnet werden.

Da der Text über Wertsysteme der (besseren) Gesellschaft der Renaissance Auskunft gibt, ist ein Buch über Erfolg und Wirken des "Hofmanns" allemal wissenschaftlich interessant. Und so hat Peter Burke sein Buch auch vornehmlich für diejenigen LeserInnen geschrieben, denen der "Hofmann" schon bekannt ist.

Die in der Geschichte der Renaissance wenig bewanderten LeserInnen haben, wenn ein Buch als Fallstudie und Wirkungsgeschichte daherkommt, es leider meist im Verdacht, ein soziologisches oder historisierendes Traktat zu sein. Das ist bei Peter Burkes Die Geschicke des "Hofmann" aber mitnichten der Fall: es ist auch interessant für all jene, die von über das Werk Castigliones bislang nichts wußten. Peter Burke schreibt so unterhaltsam wie informativ, und das gilt selbstredend auch für dieses Buch. Wir erfahren über den 'Hofmann' hinaus eine Menge über Leben und Kultur in der Renaissance; der Band kommt zudem sehr hübsch daher und ist von Ebba D. Drolshagen in bestes Deutsch übertragen.

Wagenbach DM 48,-