Heiner Ganßmann/ Michael Haas: Lohn und Beschäftigung


Schriften über den Zusammenhang von Lohnbildung und Beschäftigungsniveau sind meist entweder furchterregend dick oder präsentieren lange Formeln. Wenn man sich über die Tragfähigkeit der Argumente in der Standortdebatte informieren möchte, die für eine Absenkung der Höhe von Lohn und Lohnersatzleistungen als Kur gegen Massenarbeitslosigkeit angeführt werden, wenn man sich als politisch Interessierte darüber kundig machen will, möchte man sich nicht durch dicke Wälzer oder mathematisches Zauberwerk quälen, um zum Kern der Diskussion vorzudringen. Und genau hier liegt das Verdienst des schmalen, aber sehr informativen (und preisgünstigen) Bändchens "Lohn und Beschäftigung" der beiden Soziologen Ganßmann und Haas: Ohne viel Brimborium legen sie eine Untersuchung über Theorie und Empirie von Lohn und Beschäftigung vor und kommen zu dem Ergebnis, daß Arbeitslosigkeit als Argument für eine Senkung von Löhnen und Sozialleistungen herhält - und nicht umgekehrt.

Die aus der "klassischen" ökonomischen Lehre: der Neoklassik abgeleiteten wirtschaftspolitischen Forderungen stehen am Beginn des Theorieteils. Folgend werden, ebenso knapp und akkurat, theoretische Neuerungen der mikroökonomischen Modellwelt dargestellt, die zu teilweise anderen Einschätzungen der Funktion des Arbeitsmarktes gelangen und die Empirie besser zu beschreiben vermögen, von den Apologeten des neoklassischen "Standardansatzes" jedoch ignoriert werden. Diese Überlegungen lassen die Autoren einen Blick auf die Empirie werfen. Sie thematisieren Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarkt, Einkommensverteilung und Sozialleistungen und schlagen in den letzten Kapiteln den Bogen zu den unterschiedlichen Interpretationen des Lohnabstands und die durch Lohnabstandsgebot vermittelten Wechselwirkungen zwischen Sozialhilfesätzen und Lohnsätzen.

Ihr Fazit: Hohe Arbeitslosigkeit ist keineswegs ein Resultat der fehlenden Anreize zur Arbeit durch Sozialhilfebezug. Der Umkehrschluß sei zutreffend: "Der Hauptdruck, der auf dem untersten sozialen Netz lastet, wird durch die gestiegene Arbeitslosigkeit und die Tendenz, die damit verbundenen Kosten auf die unterste Finanzierungsebene abzuschieben, verursacht. (...) Sozialhilfekürzungen dürften kaum zum Abbau der Arbeitslosigkeit führen."

Die Autoren legen ein leicht lesbares, stringend argumentierendes Papier in der Standortdebatte vor. Sie argumentieren überzeugend, daß Löhne und Sozialleistungen zu senken kein probates Mittel zur Bekämpfung der Beschäftigungskrise sind.

Schüren, DM 18

(C.M.)