Sachbücher im Juni
Elinor Burkett/Frank Bruni, Das Buch der Schande, Europaverlag
Das aus dem Amerikanischen übersetzte Buch greift ein Thema auf, das
auch hierzulande mehr als ein "heißes Eisen" ist. Es geht um sexuellen
Mißbrauch von Kindern, und das unter dem Deckmantel des Priesters,
unter dem Schutz der womöglich mächtigsten aller Institutionen:
der Kirche. Die Historikerin Burkett und der Journalist Bruni haben aufs
sorgfältigste recherchiert, ohne vorzuverurteilen. Mit einem großen
Anhang ausgestattet ist das Buch eines der wichtigsten zum Thema und auf
dem Weg zum Standardwerk.
Sigmund Freud/Sandor Ferenczi, Briefwechsel Band I/1, Böhlau
Ferenczi war einer wichtigsten Schüler Freuds. Wie alle, hat
er sich irgendwann mit ihm überworfen. Freud hielt nichts von der
"aktiven Analyse", die Ferenczi verfocht, und bei der man eine Patientin
schon einmal küssen mußte.
Der vorliegende erste Band des Briefwechsels zeichnet den Anfang einer
Freundschaft nach und ist nicht nur für Wissenschaftler spannend zu
lesen. Bald schon lädt Freud den fast 20 Jahre Jüngeren ein,
mit ihm und seiner Familie auf Reisen zu gehen, und denkt über die
Verheiratung seiner Tochter Mathilde mit dem Schüler nach...
Der ausgezeichnet edierte Briefwechsel ist auf 6 Bände angelegt.
Susan Gordon Lydon, Der lange Weg zurück, Europaverlag
"Wie konnte aus dem süßen Kind, dem braven Mädchen aus
behütetem jüdischem Haus das Monstrum in der Gosse werden, eine
Diebin, eine Nutte, eine Lügnerin, eine Kriminelle?" Susan Gordon
Lydon, Mitbegründerin des legendären Rolling Stone erzählt
ihre Geschichte in schonungsloser Offenheit. Dabei ist die Geschichte auch
die eines Stoffes: Heroin. Zwanzig Jahre Odysee hin und weg, von und zur
Droge. Schließlich gelingt ihr der Ausstieg, und sie beginnt ihr
Buch zu schreiben. Dieses ist nicht nur ein Stück Hoffnung für
andere, die zu Opfern der Droge geworden sind, und es ist auch nicht nur
ein Buch für Schaulustige. Es ist ein Buch über das Leben in
unseren Tagen.
Georg Seeßlen, David Lynch und seine Filme, Schüren
Seeßlen, des ausgezeichnete Aufsätze in allen möglichen
Blättern des Landes zu lesen sind (von "Zeit" bis "konkret" hat ein
sehr genaues, fast 200 Seiten starkes Buch über einen der wichtigsten
lebenden Filmregisseure geschrieben, das weder auf Faktenreichtum noch
auf nötige Subjektivität verzichtet. Das schwarz-weiß bebilderte
Paperback ist sicher das klügste Buch über Lynch, das zur Zeit
erhältlich ist.
Richard Swedberg, Joseph A. Schumpeter, Klett-Cotta
Drei Dinge habe er erreichen wollen: der größte Ökonom
der Welt zu werden, der beste Reiter Österreichs und der beste Liebhaber
Wiens. Leider sei er zu Pferde hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Nun, Schumpeter hatte ein großes Maul, aber er war unzweifelhaft
einer der wichtigsten Ökonomen des Jahrhunderts. Swedberg, Soziologieprofessor
aus Stockholm, hat eine fundierte und nicht nur Fachleute interessante
Biographie über ihn verfaßt.