Jüngste Highlights
John Berendt, Mitternacht im Garten der Lüste, C. Bertelsmann
Berendts Hommage an Savannah im Süden Georgias stürmte in den
Staaten die Bestsellerlisten und wurde auch von den Kritikern gefeiert
- so schrieb zum Beispiel der New Yorker, in dem eigentlich gern
verrissen wird, Berendts Buch sei ein wahres Kunstwerk. Dem sich
anzuschließen, fällt beileibe nicht schwer.
Der Ich-Erzähler, der eigentlich in New York lebt und arbeitet,
macht Savannah zu einer Art Wahlheimat und geht dort Geschichte und Geschichten
nach. Es entfaltet sich ein Panomara voll skurriler, bewegender und spannender
Details - letzteres vor allem, da ein Mordfall Savannahs Gesellschaft just
zu der Zeit erschüttert, in der der Erzähler gerade Fuß
zu fassen beginnt. Berendt erzählt all dies mit merkwürdiger
aber einleuchtender Distanz - nur ein Fremder kann der Stadt und seinen
Einwohnern wirkliche Persönlichkeit verleihen. Und so klug diese Konstruktion
ist, so kurzweilig sind die 480 Seiten zu lesen.
Michael Bond, Monsieur Pamplemousse, Heyne TB
Drei Romane in einem Band - 720 Seiten für 15 Mack. Der jüngst
bei Heyne erschienene Michael Bond-Sammelband hat zweifelsohne das beste
Preis-Vergnügen-Verhältnis aller Bücher des Frühjahrs.
Bond hat den Paddington Bär erfunden. Das hat ihn berühmt
gemacht und eventuell dafür gesorgt, daß seine Romane um Monsieur
Pamplemousse, den Gourmetkritiker und Hobbydetektiv, und dessen klugen
wie liebenswürdigen Hund Pommes Ftrites stets eher im Schatten gestanden
haben. Möge sich das nun ändern!, denn Bond ist klasse. (Sein
Übersetzer, Werner Richter, übrigens auch.) Die Geschichten sind
per se absurd, die Situationen brillant=grotesk, die Sprache von famoser
ironischer Eleganz. (Wir verbeugen uns gleich noch einmal vor Werner Richter.)
Wer also Urlaubspläne schmiedet, sollte sich gleich den Erwerb
des knallroten Bandes auf die große Liste schreiben. Und wer diesmal
zuhause bleiben muß, darf sich mit Bonds Pamplemousse trösten
und auf einszwei wunderschöne Lesetage freuen.
Carl Hiaasen, Große Tiere, Goldmann TB
Was für ein Buch! Große Tiere hat derartig viel Rasanz
und Witz, daß ein Bruchteil davon genügen würde, aus jedem
Mittelklassebuch ein Vergnügen erster Klasse zu machen. Wir müssen
hier der Versuchung widerstehen, zuviel von alten Damen mit Schußwaffen
und Tümmlern mit besonderm sexuellen Verlangen zu erzählen. Und
dabei hat das Ganze einen ernsten Hintergrund, geht es doch um die Vernichtung
der letzten intakten Naturgebiete in Florida - betrieben durch einen finsteren
Exganoven, mit dem die Mafia ein Hühnchen zu rupfen hat und der nun
das Wuunderland der Abenteuer führt, aus dem die letzten Exemplare
der Spezies der blauzüngigen Mangowühlmaus geklaut werden, die
allerdings in Wirklichkeit Gegenstand eines gewissen Betrugs sind, von
dem wiederum die Dame mit der Schußwaffe nicht genug weiß,
um ihre Rettung nicht über alle Maßen ernst zu nehmen, was die
Anheuerung zweier Einbrecher zur Folge hat, von denen einer von herzerfrischend
naivem Gemüt ist, während der andere sein Leben bald einem Affen
zu verdanken haben wird.
Die Entdeckung Carl Hiaasens, der hin und wieder im New Yorker
schreibt, ist eine, die uns wirklich glücklich macht.
Norbert Klugmann, Neuschwanstein, Haffmans
Ist der Mann wahnsinnig? Und wie muß ein Gehirn aussehen, das sich
sich solche Geschichten ausdenkt? Besonders hell? Oder besonders schwabbelig?
Nein, nein - nur viele Windungen muß es haben. Denn einzig die sind
äußeres Anzichen von richtiger Intelligenz, die ja für
gewöhnlich eine ganz gewisse Form des Übertmuts nach sich zieht.
Und Klugmanns opus magnum ist eines der intelligentesten und übermütigsten
Bücher, die in den letzten zehn, fünfzehn Jahren in deutscher
Sprache geschrieben wurden. Über 700 Seiten lang ist man immer wieder
aufs neue frappiert, patscht sich auf die Schenkel, liest was laut, auf
daß es die volle Wirkung entfalte, traut seinen Sinnen nicht, zweifelt,
ob man seinen Freunde davon erzählen soll, weil diese womöglich
Gefahr laufen würden, einen selbst der Verrücktheit zu zeihen,
bibbert vor Spannung, wünscht sich die ein oder andere sexuelle Begegnung,
wie die Helden sie erfahren, herbei, denkt daran, daß man ja einen
Anruf tätigen wollte, und glaubt, man müsse gleich aufwachen
aus dem Traum, weil Ludwig zwo bestimmt keinen funktionstüchtigen
Flugapparat besaß.
Nun, im Ernst, es gibt keinen akzeptablen Grund, das Buch nicht zu
lesen - es sei denn zu wenige Windungen.