Von und über Frauen
Franziska Sperr: Die kleinste Fessel drückt mich unerträglich
- Das Leben der Franziska zu Reventlow, Goldmann
Eine "wilde Gräfin" stellte vor hundert Jahren Schwabingen auf den
Kopf: Franziska zu Reventlow, Schmuddelkind der deutschen Bohème,
wird man kaum gerecht, indem man sie als alleinerziehende Mutter oder als
femme fatale beschreibt. Sie war beides, und doch noch viel mehr:
Als Frau auf sich allein gestellt, verdiente sie als Autorin, Malerin,
Übersetzerin, Hetäre für sich und ihre unehelichen Kinder
den Lebensunterhalt. Sie starb nach einem kurzen, wilden Leben im Alter
von 47. Ihren Weg nachgezeichnet hat die Münchner Autorin Franziska
Sperr auf eine äußerst unterhaltsame und flotte Art. Ihre bei
Goldmann erschienene Biografie der "wilden Gräfin" ist zugleich liebevolle
Homage und detailreiche Lebensschilderung und allen zu empfehlen, die bei
großen weiblichen Vorbilder über die Mühen und Früchte
der Emanzipation lesen wollen.
Benoite Groult: Gleiche unter Gleichen, Knaur
Mit Salz auf unserer Haut mehr als berühmt geworden, gilt die
Autorin zahlreicher Bücher als Meisterin leichter Unterhaltung und
erotisch=anzüglicher Schilderungen. Nun liegt ein etwas anderes Buch
von ihr vor, von Knaur verlegt, in dem sie Männer zu Wort kommen
läßt, die sich für Rechte von Frauen einsetzen, frühe
Feministen und Frauenrechtler, wenn man so will oder Querdenker ihrer Zeit.
Es ist ein Verdienst Groults, daß sie in ihrem Büchelchen auch
Männer aus der zweiten Reihe der Philosophen und Politiker ins Licht
der Frauenöffentlichkeit stellt und auch ihnen damit zu einem breiteren
Bekanntheitsgrad verhilft. Groults lebhafte Schilderungen gehen leider
manchesmal auf Kosten der historische Genauigkeit, aber auf den 170 Seiten
kann man nicht mehr erwarten als eine kurze und neugierig stimmende Einführung
in feministische Philosophiegeschichte und auch gute Unterhaltung - und
die bekommen die Leserinnen und Leser vorzüglich angerichtet serviert,
freilich gewürzt mit der rechten feministischen Gesinnung.
Agnes-Marie Grisebach: Frauen im Korsett, DVA
Es ist ein stilles Buch, diese Biografie zweier lediger Bürgertöchter
des 19. Jahrhunderts. Und doch schildert es bewegter als kaum ein anderes
Zeugnis, was ein Frauenschicksal im letzten Jahrhunderts bedeutete: Louise
Grisebach und Amalie Hassenpflug waren intelligente, begabte, moderne Frauen
der bürgerlichen Schicht, doch konnten sie, anders als ihre männlichen
Zeitgenossen Clemens Brentano oder die Brüder Grimm, ihr Leben nicht
in die eigenen zwei Hände nehmen und ohne Korsett und Zwänge
sein. Ihre Biografie schildert den Alltag der zwei Frauen, ihre Sehnsüchte
und verbotenen Gefühle.