Illustrierte Bücher aus dem Herbst 1995



 

F.W. Bernstein & Manfred Bofinger, Ich glaube, Du bist dran, Rütten & Loening

Ein Briefwechsel in Bildern stellt dieser elegant querformatige Halbleinenband vor. Und was für einen! Im Herbst 1991 fingen die beiden Zeichner an, ihre Nonsens-Konsens-Korrespondenz zu einem verschärften Brief- bzw. Kartenwechsel mehr satirischer Art zu erweitern. Über einhundert dieser postalisch ausgetauschten Grüße kann man nun bewundern. Thematisch lebt der Band dabei vor allem von Deutschdeutschem, ästhetisch von den beiden unterschiedlichen Charakteren der Zeichner. Der Antwort-und-Gegenantwort-Charakter macht das Ganze, das schon im einzelnen sehr hübsch & beißend & witzig, auch noch überaus spannend.
 

Axel Hacke/Michael Sowa, Hackes Tierleben, Kunstmann

Irgendwie müssen wir hoffen, daß diese Notiz zu spät kommt, nämlich daß unsere geschätzten Leser Hackes Tierleben längst zweimal erworben haben - für den eignen Bücherschrank und für jenen eines guten Freundes oder einen guten Freundin. Und Weihnachten wäre ja fraglos ein guter Anlaß gewesen. Schön ist allerdings, daß für dieses Mal diejenigen, die zu spät kommen, nicht bestraft werden: der Doppelerwerb kann also noch nachgeholt werden. Und eigentlich ist die einzige Alternative, die man zu ihm hat, der Einfacherwerb, aus dem zwangsläufig einige Stunden des Vorlesens folgen werden. (Niemand, der nicht final vereinzelt, wird Hacke & Sowa für sich alleine wollen.)
Antje Kunstmann möchten wir an dieser Stelle noch beglückwünschen: die Entdeckung Axel Hackes für das Buch war eine geniale verlegerische Entscheidung, die wir nicht nur bewundern, sondern für die wir auch überaus dankbar sind.
 

Frieda Kahlo, Gemaltes Tagebuch, Kindler

Die ewige Selbstbezüglichkeit Frieda Kahlos kann einem ja schon gehörig auf den Zeiger gehen. Das relativiert sich freilich, wenn man ihr Leben betrachtet, eine einzige Abfolge bitterster Schläge. Nun hat im Herbst Kindler ihr gemaltes Tagebuch zugänglich gemacht, das Bilder & Skizzen enthält, die uns zum Gutteil ergreifender scheinen als ihre bekannten Gemälde. Neben den erstklassigen C4-Reproduktionen des Tagebuchs gibt es einen umfangreichen Teil mit Anmerkungen und Übersetzungen der Textpassagen, außerdem einen Essay von Carlos Fuentes. Jedenfalls ist unschwer zu vermuten, daß dieser Band bald das wichtigste Kahlo-Buch überhaupt sein wird.
 

Michael Sowa, Bilder aus zwei Jahrhunderten, Haffmans

Der Band ist nicht mehr ganz neu, aber, wie wir hörten, soll die Auflage noch unter der Millionengrenze liegen, und wir wollen einfach nicht glauben, daß es nur so wenige im Land gibt, die Sowa nicht rührt, und die alle seine Werke besitzen wollen. Insofern wollen wir hier rufen: Kaufen! Und zwar bald!
Ohne Sowa verliert man nämlich die Chance einige Stunden mit ihm zu verbringen, und das ist nichts als traurig, auch wenn wir nicht verhehlen wollen, daß manche seiner Bilder einer gewissen Melancholie nicht entbehren - diese allerdings kann in manchem Fall (und bei Sowa in jedem) ja auf wundersame Weise Trost & Mut induzieren.
 

Hans Traxler, Wenn Kühe Propeller hätten, Diogenes

Wir lieben Hans Traxler. Und wir wissen (nicht erst seit seinen Erzählungen aus dem Leben der Gummibären), es müssen böse Menschen sein, die ihn nicht lieben. Wenn Kühe Propeller hätten ist herzzerreißend. Und die Stunde, in der man den Band einem geliebten Menschen vorliest und zeigt, bleibt unvergessen.
Daß Traxler als erster deutscher Zeichner auch in den USA verlegt wird, ist eine bemerkenswerte Tatsache. Vor allem freuen wir uns anbetrachts der Nachricht aber für die Einwohner in GOC.
 

Tomi Ungerer, Erzählungen für Erwachsene, Heyne

Zweiunddreißig uns allen bekannte Märchen, Sagen, Erzählungen und Dramen interpretiert Tomi Ungerer mit jeweils einem Bild. Und wie der Titel des soeben erschienenen (und überaus preiswerten) Bandes vermuten läßt, auf recht eindeutige Weise. Was großen Spaß macht, denn, so derb manche seiner Zeichnungen auch sind, vulgär sind sie nie. Vielmehr zeugen sie von Neugier, Fantasie und (Spiel)Trieb, und von manchem, was wir allzu gern verdrängen. Unbedingt kaufen!