Ein Sommerroman

Birgit Stobbe Frauen wie wir

 von Steffen Huck

Von einem Sommer handelt der Roman, der so lange zurück liegt, daß Steffis Finger nicht ausreichen, um die Jahre zu zählen, als sie Sanne Denk wieder trifft, in die sie damals ein klein wenig verliebt war. Damals heißt: in jenem Sommer, in dem sich sieben Frauen trafen, um fortan ein Gruppe zu sein, eine Gruppe von Anarcha-Feministinnen.

Jener Sommer war wie jeder richtige Sommer ist, solange man jung ist. Alles scheint möglich, und dann wird es auf einmal wieder ein bißchen kälter, und der Winter steht vor der Tür, und man denkt vielleicht, daß man so einen Sommer nie wieder erleben wird. Wird man auch nicht. Denn am Ende des Sommers löst sich die Gruppe wieder auf. Wiebke und Micky waren schon vorher gegangen, die eine in die Mutterschaft, die andre in den Tod.

Steffi erzählt die Geschichte. Und sie erzählt amüsant, erzählt in einem Ton zwischen Sarkasmus und Gerührtheit, der bezaubernd ist. (Das muß jetzt mal gesagt werden: Irgendwer bei Eichborn hat da eine sehr glückliche Hand. Nach Schwanitz' Campus ist Stobbes Debutroman das zweite Buch aus Frankfurt, das zeigt, wie unterhaltsam deutsche Literatur zu sein vermag.) Eine Kostprobe: "Der Koch, erzählte sie mir, mußte in psychiatrische Behandlung, weil ihn seine Freundin verlassen hatte. Das tat mir sehr leid, besonders, wenn ich mein eigenes Schicksal bedachte, aber ich fand es nicht besonders ungewöhnlich; das Leben war hart, und wenn man morgens anfing zu denken, bevor man aufstand, gab es bald keinen Grund zum Aufstehen mehr. Das war jedenfalls meine Meinung. Der Barmann war ein Trinker, der früher Kellner gewesen war, aber da er jede Nacht trank, bis er schwankte, brauchte er die Bar, um sich abzustützen."

Das Buch ist voll von Miniaturen dieser Art. Schaurigschön ist zum Beispiel die folgende Stelle: Angie, die säuft, hat es einmal mehr übertrieben, bekommt es mit der Angst zu tun und ruft ihre Freundinnen zu Hilfe, sie möchten auf sie aufpassen und sie zum Entzug zwingen. Die Freundinnen eilen herbei.

"Angie war ganz und gar niedergeschlagen und im Dschumm. Wahrscheinlich war ihr klar, daß wir, wenn wir kämen, um sie beim Entzug zu unterstützen, auch den Alkohol vernichten würden. Also hatte sie noch einiges vorher ausgetrunken." Wer diese Art von Logik nicht versteht (und hier nicht wenigstens ansatzweise den Mund zu einem Grinsen verzieht), der läßt das Buch lieber beim Händler. Alle andern sollten's kaufen. Und im Sommer lesen.

Eichborn.